Runde #2. Den dramaturgischen Eckpfeilern des Vorgängers treu nachempfundene Fortsetzung, die allerdings deshalb noch lange nicht dessen Handlung plagiiert, sondern sie im Guten wie im Schlechten mit eigenständigen Randverzierungen anreichert – so wie es sich für eine anständige Fortsetzung eben gehört. Regie führte diesmal Stallone selber, der vom ersten zum zweiten Teil geschmeidig schwenkt, indem er den finalen Kampf des Erstlings noch einmal Revue passieren lässt und Dinge verrät respektive Gesprächsfetzen belauscht, die davor verschwiegen wurden, ehe die eigentliche Geschichte mit zwei lädiert-erschöpften Kämpfern einsetzt. Zwei "Rocky"-Filme modelliert zu einer Einheit. Wenn man es nicht besser wüsste, würde man keinen Unterschied merken, wenn jene zwei voneinander abgetrennte Segmente zusammengeschnitten wären. Sonst mäandert sich die Struktur zwar annähernd deckungsgleich durch den Plot (ungefähr kongruente Trainingseinlagen, zwei Kämpfe, davon der finale wieder gegen Apollo Creed), aber der Schwerpunkt, auf dem sich "Rocky II" allen restlichen themenübergreifenden Fußnoten zum Trotz spezifisch positioniert, ist ein anderer. Wo "Rocky" existenzielle Gesellschaftsskizzierung mit sanftem Sport- und Liebeseinschlag war, wendet sich "Rocky II" konsequenter der Liebe und dem Sport, dem Sport zur Liebe, der Liebe zum Sport zu, und inwiefern sich beides einander braucht, um demgegenüber jenes bereits ausgemalte Gesellschaftbild zu verlassen.
"Rocky II" stellt sozusagen die Weichen für eskapistische Genreorganisation, die ab dem nächsten Teil hervorstechende Konturen bewerkstelligen sollte. Exemplarisch beschreitet das archaische Finale in seinem hochkomplizierten Arrangement aus pfeilschnellen Maschinengewehrtreffern und zeitlupenartigen Kanonenschlägen (genauso vertont) zum absoluten "Massaker" (Kommentator) einen grundverschiedeneren Weg, ist es doch mehr dem konstruiertem Actionfilm, statt herkömmlicher Boxchoreographie zuzuordnen. Wenn Rocky (Stallone) und Apollo (Weathers) schlussendlich um das letzte Aufbäumen in einer beinah symbolbildnerischen Szene großer, erhabener, gänsehauterzeugender Pathetik ringen, dann ist Rocky endgültig zur Ikone avanciert – und "Rocky" ohne Zweifel in der Ruhmeshalle wegweisender Genregeschichte, aus der ungeheuerliche Helden hervorgehen. Davor kann Rocky bereits die Massen begeistern. Sein berühmter Marathonlauf wird einschließlich des stürmischen Conti-Scores wiederverwertet; mit Kindern, die ihm folgen, zum puren, zum kriegerisch-lebendigen Gefühlskino. Einer der bedeutungsvollsten Augenblicke in dieser ersten Fortsetzung. Der Verzicht auf ausladende Psychologisierung fundamentaler Hauptfiguren erlaubt es "Rocky II" zudem, an denjenigen Protagonisten weiterzufeilen, die im Original zu kurz kamen.
Carl Weathers spielt ab sofort nicht mehr ausschließlich einen schwatzenden Stereotypen des Showbusiness. Stallone gewinnt ihm positive Seiten ab; während einer urkomischen Pressekonferenz darf Creed sogar lustig sein ("Al Capone"). Mickey schärft den eingerosteten Kampfgeist Rockys hingegen ein weiteres Mal, einmal mehr treibend von Burgess Meredith dargestellt. Er ist der Antrieb für das erloschene, aber schnellstmöglich zu entzündende Feuer im Herzen Rockys, dem eine Massakrierung im Ring bevorsteht. Ausnahme Burt Young. Sein überhasteter Jobwechsel zu Rockys ehemaligem Geldeintreiber wird vom Drehbuch nicht ausreichend begründet, abgesehen davon, dass Young seiner Figur ohnehin nicht ausreichend Tiefe einzuverleiben versteht, die über den erweckten Eindruck hinausgeht, regelrecht eingeschlafen irgendwo herumzulungern. Und Adrian (Talia Shire)? Heiratet, wird schwanger, entbindet, fällt ins Koma, reanimiert das Herz und den Kopf Rockys, um zu "Gewinne(n)!". An ihr arbeitet sich der Film fragmentarisch (und manchmal etwas gestrig) an klassischen Stationen ab, die auf der einen Seite für ausreichend Spannung sorgen, auf der anderen Seite aber auch den Druck für Rocky verdichten sollen, damit er nicht wieder mit dem Boxen aus gesundheitlichen Gründen anfängt.