Selbst für Bruno Dumont, dessen Werke vorrangig die Normalität verfremden (in "Twentynine Palms" mündet der Sex in einen animalischen Rhythmus der Ohnmacht), kann "Jeannette: The Childhood of Joan of Arc" als völlig außer Kontrolle geratene Kuriosität erfahrbar gemacht werden. Er wollte der Unvollkommenheit gedenken, wie es Dumont in einem Interview ausdrückte, an das Genealogische des Kinos, das im Musical zusammenfließt: Musik, Tanz, Bewegung. Spontanität. Vergessenheit. So schmückt Dumont die Jugenderlebnisse der Jungfrau von Orléans zu rockigem Headbanging aus, angereichert mit aufdringlichen Seinsuntersuchungen. Über Gott und die Welt, Unterdrückung und Auflehnung: Die historischen Konflikte, die sich in Frankreichs Nationalheldin äußern, profaniert Dumont. Es sind nunmehr entbehrliche, strukturlose Teenager-Reflexionen, etwas naiv, etwas heroisch – und garantiert wie wild mäandernd. Eine Grenzerfahrung ist der Film aus diesem Grund nicht, eher eine geschwätzige semiphilosophische Geduldsprobe. Um wahrhaftig lebendig (und eben spontan) zu sein, braucht es keinen spröden Arthouse-Minimalismus, der mathematisch exakt jede Musiksequenz berechnet. Träge, mitunter skelettiert und prätentiös, gar nach einigen Szenen sättigend wirkt dieses unnahbarste aller Musicals, das sich in der Dekonstruktion des Textaufbrechens (Dumont ließ über alle Szenen hinwegsingen, die er in der Vorlage nicht verstand) viel zu sehr mit sich beschäftigt, als mit dem ernst gemeinten Rat, einfach einmal gedankenverloren loszuträllern.
5 | 10