Mittwoch, 12. November 2008

Literatur: Das Monstrum (Stephen King), 1987



Story:

Haven, im Bundesstaat Maine, ist eine verschlafene Kleinstadt. Bis zu dem Tag, an dem eine junge Frau im Wald ein seltsames metallisches Ding entdeckt, welches die Bürger auf unheimliche Art und Weise verwandelt. Mit dieser Entdeckung hält schon bald das Grauen Einzug in Haven...

Kritik:

Stephen King meets Science-Fiction. Ländliche Idylle trifft auf UFO´s. Damit wäre die Quintessenz aus "Das Monstrum" in vereinfachter Form praktisch schon treffsicher zusammengefasst. Den Roman ansich bezeichnet der Meister zudem als einen seiner schlechtesten. Und damit liegt er gar nicht mal so verkehrt. Spätestens bei Beendigung der Lektüre wird einem die Mittelmäßigkeit des Werkes nur allzu sehr klar. Das liegt nicht mal so sehr an Kings Schreibstil, nein, der ist streckenweise packend und flüssig, es liegt im Gegenzug eher an der Länge. "Das Monstrum" ist mit seinen gefühlten 860 Seiten ein schwer verdauliches, geradezu in epischer Bandbreite erzähltes Vergnügen. Ein Vergnügen, das mit fortlaufender Handlung immer mehr ermüdender, langatmiger und auch erheblich an Fahrt verliert. Ein Vergnügen, das zu späterer Stunde längst nicht mehr Vergnügen bereitet. Und das obwohl King zu Anfang, also im ersten Teil – das Buch gliedert sich in drei größere Teilbereiche – richtig gut loslegt. Darin porträtiert er in schwungvoller, aufrichtiger Sprache die Stadt Haven mit ihrer einladenden, freundlichen und malerischen Landschaft, in der allerdings schon bald das nackte Chaos herrschen wird, darin skizziert er sorgfältig zwei seiner wichtigsten Figuren (unter anderem Jim Gardener, ein von Alkohl und Drogen gezeichneter, latenter Wiederling, bei dem recht offensichtlich Kings eigene Vergangenheit reflektiert wird), weiß darüber hinaus mit subtilem Humor umzugehen, mit Wortgefechten der allerfeinsten Sorte zu überraschen. Abgesehen davon ist dieser seltsame UFO-Fund, der sich immer mehr zum Artefakt ungeahnten Ausmaßes entpuppt, spannend und so etwas wie intensiv beschrieben. Man fiebert aufgrund der stets vorherrschenden Bedrohlichkeit, welche King mit seiner Schreibe eindrucksvoll dem Leser vermittelt, bereits hier als unmittelbarer Teilnehmer mit. Ja, an dieser Stelle der Story, könnte man tatsächlich das Gefühl haben, dass man eine wirklich lesenwerte Lektüre vor sich liegen hat. Gewiss kein Meisterwerk, aber doch lesenwert.

Dumm nur, dass der Roman sein anfangs qualitativ hohes Niveau nicht beibehält. Im Gegenteil, es ist vor allem die mangelhafte Narration, die dem King´schen Hokuspokus einen gehörigen Strich durch die Rechnung macht. Dieser ist dann hauptsächlich im zweiten Teil zu finden. Denn spätestens hier offenbart sich Kings wirkliches Markenzeichen, das ihm nicht selten zum Verhängnis wird – nämlich die Figurenzeichnung. In dem Zusammenhang sind es die Anwohner von Haven und ihre sozialen Verhältnisse zueinander, die King im zweiten Abschnitt in den Fokus rückt. Und es sind bei Leibe nicht wenige Protagonisten, die dem Leser förmlich entgegen prasseln. Nur die wenigsten sind von Bedeutung, nur die wenigsten überleben den späteren Angriff der Tommyknockers und nehmen einen festen Platz in der Handlung ein. Wie so oft machen die Figuren in einer King-Story den Reiz der Geschichte aus. De facto wird ab dieser Stelle durch des Autors schwer unnötige Übertreibung zwecks der übergroßen Figurenkonstellation der Roman zäh wie ein Stück Kaugummi. Zudem sind die zahlreichen, komplexen Verstrickungen unter den Charakteren reichlich kompliziert und können schon mal dazu führen, das man mal hier und mal da gar den Faden, genauer den Überblick verliert. Einzig und allein ein paar hin und wieder grotesk-mysteriöse Erscheinungen in Form von Haar- oder Zahnausfällen bei den Bewohnern von Haven sorgen für atmosphärische Grusel-Stimmung.

Besagte Atmosphäre - wodurch King in sein geliebtes Horror-Metier zurückkehrt – findet sich schließlich im letzten Teilabschnitt ein. Eine Art blutiger Showdown, in dem die Bewohner der Stadt zu angesprochener, bizarrer Spezies Tommyknockers mutieren und einen riesigen Waldbrand verursachen, der verhindern soll, dass ihrem geliebten Raumschiff ja nichts passiert. Nur ein Bürger stellt sich der Gefahr und versucht dieses makabre Unheil abzuwenden. Und das wieder einmal - längentechnisch betrachtet – locker und leicht mal über 200 Seiten hinweg. Womit wir wieder bei der (Über-)Länge wären. Klar ist das Finale in seiner Summe auf eine gewisse Art mit ordentlicher Suspense untermalt, klar entwirft King am Ende ein stimmiges, apokalyptisches Endzeitszenario, bei dem die Angst, Pannik und Paranoia seiner kläglich untergehenden Bürger fast schon spürbar und greifbar erscheint, trotzdem variiert es in seiner Dynamik und Dramaturgie von ideenlos über uninspiriert bis hin zu lapidar und abstrus. Es gibt jedoch auch etwas Gutes zu vermerken: Zu guter Letzt löst King das Geschehen nämlich zugunsten einer Art "Aha-Effekt" auf und liefert dabei eine halbwegs adäquate Erklärung für die ominösen Geschehnisse, von dem gelungenen Epilog ganz zu schweigen.

Fazit:

Die trashige Invasion einer fremden außerirdischen Macht in den für Stephen King so typischen Alltag, wovon eine ganze Stadt, die einmal mehr im unvermeidlichen Maine liegt, in den Wahnsinn getrieben wird, hat zwar alles in allem durchaus seine magischen, ja, auch richtig unheimlichen Momente, verliert neben wirklichen Identifikationsfiguren aber auch - vom ganzen Roman aus betrachtet – zuviel Drive, ferner sein Autor hält sich zu sehr an detailreichen Beschreibungen von Nebensächlichkeiten auf, sodass "Das Monstrum" arg an Interesse und Feinmotorik im Laufe der Handlung verliert. Nichtsdestotrotz auch so kein richtig lesenswertes, weil unter anderem mit nur wenigen narrativen Höhepunkten gespicktes Buch, welches man als zwar eingefleischter, aber eben anspruchsvoller Science-Fiction-/Horror/Mystery/Stephen King-Fan nicht unbedingt gelesen haben muss und stattdessen lieber links liegen lassen kann. Und das mit Garantie. Ohne jeden Zweifel sogar.

5,5/10