Freitag, 22. August 2008

Literatur: Feuerkind (Stephen King), 1980



Story:

Charlie ist 8 Jahre alt und das süßeste, unwiderstehlichste kleine Mädchen, das man sich vorstellen kann. Sie ist alles, was sich ein stolzer Vater wünschen könnte und mehr, als er sich in seinen schlimmsten Träumen ausmalen könnte. Denn Charlie ist ein Feuerkind, geboren aus einem unverantwortlichen Experiment. Ihre Gedanken können töten, ihre Augen bringen das flammende Inferno immer und überall zustande. Kann ihr Vater seine Tochter retten? Vor dem Geheimdienst, der sie jagt, vor skrupellosen Politikern, die sie als Waffe missbrauchen wollen? Oder gar vor sich selbst?

Kritik:

Dass eines der bekanntesten Bücher eines beliebigen Autors zwangsläufig nicht immer zu seinen besten Werken gehören muss, beweist Stephen Kings "Feuerkind". "Feuerkind" hat zwar unter King-Fans einen gewissen Popularitätsfaktor inne, doch von der Qualität anderer Romane ist er genauso weit entfernt, wie der Autor zu einer durchweg fesselnden Geschichte. Und das nicht nur, weil King in dem Buch zu alten Schwächen zurückfindet, nein, der Mittelteil ist es vor allem, der einfach zu unausgegoren rüberkommt. Gelegentlich stellt sich sogar ein Gefühl von Langeweile ein. Doch der Reihe nach. Die ersten Kapitel rund um ein geheimnisvolles Experiment, das vorzugsweise mithilfe einiger Rückblenden näher gebrracht wird, die Flucht von Andy mit seiner Charlie quer durch die USA, sowie der traumatische Selbstmord von Charlies Mutter ist auf den Punkt gebracht brillant beschrieben. Der Leser findet zudem einen relativ leichten Zugang zur Geschichte – von Verständigungsproblemen keine Spur. Desweiteren ist es King anfangs gelungen, interessante Charaktere einzuführen, und ein großes Maß an Spannung aufzubauen. Das betrifft vor allem das oben angesprochene Experiment und die mysteriöse Firma, die alles daran setzt, Charlie und ihren medial begabten Vater zu finden, und dabei sogar über Leichen zu gehen. Gekonnt wechselt King dabei zwischen verschiedensten Handlungsorten. So, dass auch der letzte Leser mitkommt. Die für King so obligatorische Härte, die sich in dem Roman in einigen expliziten Verbrennungen und anderer blutiger Details wiederspiegelt, kommt ebenfalls zum Einsatz, wodurch das Buch nicht unbedingt Kindern zu empfehlen ist – bei weitem nicht. Auch sind es gerade die Visionen, Zwiespälte und Träume von Andy und Charlie, die einen großen Reiz ausüben. Sei es nun Andys intensive Fahrt in die Vergangenheit, zum Mord an seiner geliebten Frau, oder aber Charlies Wunsch und beinah krankhaftes Verlangen ihre Fähigkeit andere Menschen durch Feuer Schaden zuzufügen, in keinster Weise auszuführen: Hier - und nur hier - läuft der "Horrorpapst" zu Höchstform auf.

Mit dem zweiten Teil des Buches, einer Art Kammerspiel auf engstem Raum, in dem Charlie und ihr Vater von den Agenten gefunden worden sind, und schließlich in jeweils eine kleine Zelle in einem Institut der Firma verfrachtet werden, beginnt "Feuerkind" erheblich schwächer zu werden. Nicht nur Kings Detailverliebtheit offenbart sich nun dem Leser, nein, die zahlreichen Beschreibungen von Charlies Angstzuständen beginnen mehr und mehr den Leser zu langweilen. Von der anfangs so atmosphärischen Spannung bis zur packend erzählten Story ist so gut wie nichts mehr da. Stattdessen versinkt das Buch in endlosen Monologen, und es gibt eigentlich nur noch einen erwähnenswerten fokussierten Handlungsstrang, ferner die scheinheilige, teils vorhersehbare Pseudo-Beziehung zwischen Charlie und einem Indianer namens John Rainbird, die aber auch nicht gerade plausibel, geschweige denn mit überraschenden Zutaten oder gar mit messerscharfen Dialogen adäquat unterstützt wird. Man möchte fast meinen, dass sich der Roman von da an bis zum apokalyptischen Showdown fast ständig im Leerlauf befindet. Und bei eben jenem Finale, kann King dann ein weiteres Mal mit Gewalt und gepflegter Übertriebenheit auftrumpfen. Doch auch hier wäre in Bezug auf die Seitenzahl weniger durchaus mehr gewesen. Von dem sich anschließenden Epilog wollen wir mal kein Wort verlieren. Einzig und allein der doch sehr abrupte Schluss vermarg zu gefallen, und liefert letztlich kein schmalziges Happy End par excellence, sondern lässt den Leser eher mit einem zwar flauen, aber doch auch hoffnungsvollen Gefühl im Magen zurück.

Fazit:

"Feuerkind" ist garantiert kein Buch, das man als eingefleischter King-Anhänger gelesen haben muss. Dafür kann der Roman, der mehr Thriller oder menschliches Drama als reine Horrorstory ist, zu viele eklatante Fehler in der Narration aufweisen. Teilweise klischeehaftes Handeln der recht oberflächlich gezeichneteten Protagonisten, erheblicher Spannnugs- und Thempoverlust im enttäuschenden Mittelteil, und auch unbedeutende Nebensächlichkeiten, die dann zu tiefgründig beschrieben/behandelt werden, lassen "Feuerkind" zum durchwachsenen Durchschnittsbuch mutieren, welches dank dem hervorragenden Anfang und zwar weniger, aber umso wirksamer magic moments nicht gänzlich versagt.

5/10